GESTALT-KÖRPERARBEIT

Die Gestalt-Therapie nach Fritz und Lore Perls arbeitet erfahrungsbezogen, experimentell und dialogisch und wird daher gerne auch als ‚Hier und Jetzt‘-Therapie bezeichnet. Es geht weniger darum zu verstehen, WARUM ein Mensch so ist wie er ist – das wäre der Blick in die Vergangenheit. Vielmehr ist es wichtig, WIE ein Mensch im Hier und Jetzt sein Problem aufrechterhält. Alles, was wir im Jetzt erleben, ist auch veränderbar – die Gestalt-Therapie betont und fördert somit die radikale Selbstverantwortung.

Das Gestalt-Credo beschreibt sehr schön die Grundsätze dieser Arbeit.

GESTALT-CREDO

  • Lebe Jetzt. Befasse dich mit der Gegenwart, anstatt mit der Vergangenheit oder der Zukunft.
  • Lebe Hier. Beschäftige dich mit dem, was da ist, anstatt mit dem Abwesenden.
  • Höre auf zu phantasieren. Stattdessen fühle, höre, schmecke, rieche, sieh.
  • Drücke dich aus, anstatt zu manipulieren, zu rechtfertigen, zu urteilen, zu bewerten.
  • Gib dem Unangenehmen und dem Schmerz ebenso nach wie dem Angenehmen.
  • Schränke deine Bewußtheit nicht ein.
  • Akzeptiere kein ’sollte‘ oder ‚müßte‘ außer deinem eigenen.
  • Bete kein Götzenbild an.
  • Übernimm die volle Verantwortung für deine Handlungen, Gefühle, Gedanken.
  • Stelle dich dem, so zu sein, wie du wirklich bist.

Die Gestalt-Therapie interessiert sich dafür, wie wir Kontakt vermeiden und so unsere Selbstregulation stören. Es geht dabei um den Kontakt zu uns selbst, zu unseren Bedürfnissen, um den Kontakt zu unserer Umwelt, zu anderen Menschen. Vielleicht kennst Du das: Du versuchst Dich zu erklären, anstatt Deine Verletztheit auszudrücken. Du hängst alten Phantasien und dem damit verbundenen Drama nach, anstatt Deine Gegenwart aktiv zu gestaten. Du schiebst anderen die Schuld zu, anstatt Deinen eigenen Anteil zu sehen. Du bist sauer auf andere, weil sie machen, was Du selbst Dir nicht zutraust. All das sind Kontaktvermeidungsstrategien und damit das Spielfeld der Gestalt-Körperarbeit. Hier wird nicht Gesagtes, nicht Getanes, nicht Gefühltes zum Ausdruck gebracht und so ‚offene Gestalten geschlossen‘.

‚Don’t push the river – it flows by itself.‘

Fritz Perls

Was Fritz Perls hier anspricht, ist die sogenannte ‚Paradoxe Theorie der Veränderung‘. Je mehr wir versuchen, uns zu verändern, umso mehr rufen wir alle Widerstände auf den Plan. Veränderung passiert nicht, weil ich mich darauf konzentriere, etwas zu verändern. Sie passiert vielmehr dann, wenn ich voll und ganz akzeptiere, wer und wie ich wirklich bin – also wenn ich mit allem im Hier und Jetzt in den Kontakt gehe. Veränderung kann dann von ganz alleine stattfinden.

Auf YouTube findest Du einige Videos mit Fritz Perls, teils wie er Gestalt-Sitzungen demonstriert. Wie jede Therapieform hat sich auch die Gestalt weiterentwickelt und sieht heute anders aus. Trotzdem ist es interessant, ihm – zauselig und Kette rauchend – bei der Arbeit zuzusehen, zum Beispiel hier.