Bist Du gut gegroundet?

Wie wichtig Grounding (Erdung) ist, zeigt sich schon an der Fülle von Redewendungen, die es dazu gibt: etwas durchstehen, einen Standpunkt vertreten, mit beiden Beinen fest im Leben stehen, den Boden unter den Füßen verlieren, etc. – sicher fallen Dir spontan noch mehr ein. Aber was ist mit Grounding eigentlich gemeint? Und warum ist es im Rahmen einer Körperpsychotherapie wichtig?
Grounding beschreibt zum einen die Art und Weise, wie Du mit Dir selbst und der Welt verbunden bist. Zum anderen ist damit auch die Fähigkeit gemeint, Grounding herzustellen – also Dich selbst zu zentrieren und zu erden.

„Zentrieren bedeutet, den eigenen Schwerpunkt und die eigene Mitte zu fühlen und sich an sich selbst anzubinden. Erden bedeutet, die eigene Schwerkraft und den Bezug zum Boden zu spüren, sich verwurzeln und sich in sicherem Stand mit der Wirklichkeit zu verbinden.“
(Geuter, 2019, S. 231)

Wenn Du zentriert und geerdet bist, fällt es Dir leichter, Unausgeglichenheiten selbst zu regulieren. Zum einen ganz konkret körperlich – Du kommst nicht so schnell aus der Balance. Wenn Du das nächste Mal U-Bahn fährst, kannst Du mit Deinem Grounding experimentieren. Stell Dich hin und halte Dich nicht fest. Probiere aus, wie Du stehen musst, um die Bewegungen der Bahn geschmeidig nehmen zu können, ohne ins Straucheln zu geraten.

Im übertragenen Sinne Standfestigkeit gewinnen

Zum anderen hilft Dir ein gutes Grounding auch dabei, psychische Dysbalancen selbst auszugleichen. Du kennst Deinen eigenen Standpunkt und bist Dir Deiner selbst sicher, im Bezug zur Dich umgebenden Wirklichkeit. Du kannst Deinen Gefühlen begegnen und sie angemessen ausdrücken, anstatt sie festzuhalten. Wenn Du das nächste Mal eine konflikthafte Auseinandersetzung hast, achte darauf, wo Du Dich spürst. Bist Du noch in Deinen Füßen und Beinen? Oder im Kopf und in der Brust? Kannst Du durchatmen, bevor Du reagierst?

So wie Du auf Deinen Beinen stehst, so stehst Du auch im Leben

In der Körperpsychotherapie geht es darum, körperliche Muster wahrzunehmen und sie zu verändern. Beim Grounding kann z.B. eine Veränderung im Stand zu einer Veränderung Deiner Standfestigkeit werden. Du kennst das sicher, diese enge Beziehung zwischen Körperhaltung und Stimmung. Wenn Du betrübt bist, hängst Du irgendwie durch. Sobald Du Dich aufrichtest, stellt sich etwas mehr Klarheit und Zuversicht ein.

Grounding hilft Dir, im eigenen Körper verwurzelt sein. Du kannst Dich differenziert fühlen, Du kennst die Signale Deines Körpers, Du fühlst Dich in Deinem Körper zu Hause und drückst Deine Lebendigkeit körperlich aus. Grounding unterstützt Dich dabei, mit beiden Füßen fest auf dem Boden der Realität zu stehen. Du folgst keinen starren Konzepten, Du kannst Dich umorientieren und loslassen. Du bist eigenständig und kannst Dich einlassen – auch auf unangenehme Gefühle.

Wenn Dir diese Dinge im Alltag noch Schwierigkeiten bereiten, dann kannst Du selbst konkret etwas dafür tun. Es gibt eine ganze Reihe von Grounding-Übungen, die die Art und Weise, wie Du in der Welt stehst, verändern können. Diese Übungen haben das Ziel, Dich von Kopf bis Fuß lebendig zu spüren. Viele Übungen sind sehr aktivierend, z.B. springst Du in den Boden, Du kommst ins Zittern oder Du übst, das Gleichgewicht zu halten. Gerne zeige ich Dir in meiner Praxis Übungen, die für Dich geeignet sind. Eine klassische Grounding-Übung, die Du quasi überall (in der Warteschlange, beim Gemüse schnippeln, etc.) anwenden kannst, ist die zum guten Stand. Ich beschreibe sie Dir hier kurz.

Grounding-Übung: Der gute Stand

Stell Dich hin, die Füße parallel und etwa hüftbreit. Verteile Dein Körpergewicht gleichmäßig auf beide Füße, auf Ballen und Fersen. Gebe in den Knien ganz leicht nach. Setz die Ohren über die Schultern, die Schultern über das Becken und das Becken über die Füße. Kippe Dein Becken etwas nach vorne, so dass kein Hohlkreuz entsteht. Stell Dir vor, am Hinterkopf zieht ein Faden gen Himmel und am Steißbein ein Gewicht zum Boden, Deine Wirbelsäule ist aufgespannt. Bemerke, wo und wie Dein Atem strömt.

Wie fühlst Du Dich jetzt? Was hat sich verändert?

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